Demonstration in Lübeck gegen den Rechtsruck und gegen das Sterben im Mittelmeer
Über 600 Menschen demonstrierten heute in Lübeck unter dem Motto „Seebrücke – Schafft sichere Häfen!“ und gegen die rassistischen Verhältnisse in Chemnitz.
Im Folgenden wird der Redebeitrag der Basis-Antifa Lübeck dokumentiert:
Ich muss sagen: Ich bin stolz auf uns. Wir haben heute, wie schon viele Menschen in Deutschland und Europa vor uns gezeigt, dass wir uns solidarisch mit den mutigen und selbstlosen Retter*innen und mit den Flüchtenden im Mittelmeer zeigen. Wir haben gezeigt, dass es noch einen anderen Weg als den der Abschottung, des Rassismus und der Festung Europa gibt. Das ist richtig, wichtig und das Einzige, was nicht nur jeder linke, sondern jeder rational und humanistisch denkende Mensch dieser Tage machen muss.
Doch leider müssen wir feststellen, dass es nicht ausreicht, „nur“ für die Seenotrettung und für die Rechte Geflüchteter einzutreten. Wir sehen dieser Tage, um genau zu sein, seit 2015 einen massive Diskursverschiebung seitens und profitierend der AfD. Während sie die Migrationsdebatte vor sich hertreibt, sind viele sprachlos und schaffen es gerade noch so, von Entgleisung zu Entgleisung, von Empörung zu Empörung hinterherzukommen. All der Kampf gegen Frontex und für die Seenotrettung bringt auch nichts, wenn wir an der Diskursfront verlieren und uns weiter von den Faschisten treiben lassen.
Neue Themen müssen her und sie müssen behandelt werden: So müssen wir uns zum Beispiel mit den Waffenexporten deutscher Firmen beschäftigen und gegen diese vorgehen, denn sie sorgen mit dafür, dass viele ihre Heimat verlassen müssen. Auch über andere Probleme die der westliche Kapitalismus den Menschen in der sog. „Dritten Welt“ aufzwingt müssen wir reden und diese in den Diskurs bringen. Es kann doch nicht sein, dass europäische Fangschiffe die Küsten anderer Nationen leerfischen und wir uns dann über sog. Wirtschaftsflüchtlinge aufregen! Das moderne Marktwesen ist genauso eine Fluchtursache wie Explosionen und Gewehrfeuer. Antikapitalismus heißt das Gebot der Stunde, allerdings weniger wie in der von Sarah Wagenknecht initiierten Aufstehen-Bewegung, die dafür andere Ideale gleichgültig über Bord wirft. Wir müssen wieder anfangen, unsere Kämpfe zusammen zu denken und zusammen zu kämpfen.
Doch all diese Bemühungen werden keinen Erfolg haben, wenn wir es nicht schaffen eine antifaschistische Macht aufzubauen, die es schafft Zustände wie jüngst in Chemnitz zu verhindern. Die Straßen, die Parlamente und die Köpfe müssen wieder frei von faschistischen Einflüssen werden, die es erneut schaffen, den Diskurs und die Stimmung im Land zu bestimmen. Wehret nicht den Anfängen, diese sind längst vorbei. Organisiert euch und kämpft erneut den richtigen Kampf, den Kampf für das Gute, Wahre, Schöne!
Dass wir uns bei all diesen Kämpfen nicht auf den Staat und seine Exekutive verlassen können oder sollten, muss inzwischen auch allen klar sein: Nicht nur die jüngsten Vorfälle des Hutbürgers von Legida oder die Beratung von Hans-Georg Maaßen, des obersten Verfassungsschützers zu Gunsten der AfD zeigen, dass der Staat und seine Exekutive nicht nur stets das Bestehende verteidigen werden und somit keine Veränderung ohne Kampf gegen diese erreicht werden kann, sondern dass sie genuin und schonn durch ihre Konzeption bereits regressiv und für faschistische Ideen und Ideale anfällig sind! Diese Erkentnis ist weder neu noch skandalös, sondern lediglich logischer Menschenverstand.
Es kann keine Seebrücke ohne Antifaschismus geben. Es kann kein Bekämpfen von Fluchtursachen geben, wenn nicht der Kapitalismus attakiert wird. Wir werden niemandem, außer unserem Moralempfinden helfen, wenn wir nicht anfangen, die verschieden sozialen Kämpfe, die unsere, die linke, progressive Bewegung stets ausmachten, zusammen zu führen. Dazu gehört es, dass wir heute für die Rechte geflüchteter Menschen einstehen, aber auch dass wir morgen für alles andere Einstehen. Weil Rettung von Menschenleben bereits eine revolutionäre Perspektive auf die neue Welt darstellt.
Unsere ist die Kraft der Rationalität, der Ideale und des Humanität. Lasst uns Konsequent auf allen Ebenen und mit allen Mitteln dafür einstehen. Krempelt die Ärmel hoch, macht was. Organisiert euch und geht da raus. Geht in eure Freundeskreise, auf eure Arbeit und in eure Familien, geht auf die Straße, in die Kneipen und die Sportvereine und kämpft den richtigen, den guten Kampf. Wir sehen uns dann da draußen.