
Keine Tränen für Neonazi-Völker
Wir dokumentieren einen Artikel von linksunten.indymedia.org
Völker fühlt sich zu unrecht bestraft. Mit den Worten: „Die wollen mich doch verarschen“ verließ er heute schimpfend, wütend und sichtlich getroffen den Verhandlungssaal des sAmtsgerichts in Ratzeburg. Herr Völker bewegt sich mittlerweile über mehr als 10 Jahre in der örtlichen Neonaziszene in Ratzeburg. Er kann auf mehr als ein Dutzend Verurteilungen und einen fünfstelligen Schuldenberg verweisen, aufgrund seiner Aktivitäten in der extremen Rechten. Mit der heutigen Verurteilung kommen 1.800 Euro Strafe (90 Tagessätze á 20 Euro) sowie die Kosten des Verfahrens hinzu. Völker lässt sich sein Neonazi-Leben so einiges kosten.
Dass die Rechnung nicht aufgeht, wird schon im Laufe der Verhandlung deutlich. Das von Völker angemietete Haus, welches in der rechten Szene als „NS-Haus“ bekannt ist und nach wie vor im Kreis Herzogtum Lauenburg als Treffpunkt der extremen Rechten dient, kostet ihn im Monat mehr als 1600 Euro. Dem entgegen steht sein Nettoverdienst als „Selbständiger Freiberufler als Bauunternehmer“ von 900 Euro. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, wovon er dann lebe, reagierte Völker sichtlich gereizt mit der Antwort: „Ich habe nichts mehr, ich lebe von der Hand in den Mund“. Seine jahrelange Freundin, Melanie Graf, muss ihn nach Aussagen Völkers finanziell unterstützen. In der heutigen Verhandlung musste sich Völker gegenüber den Anklagepunkten „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“ und „Verstoß gegen das Waffengesetz“ verantworten.
Am 02.06.2011 versammelte sich Völker mit einigen seiner Kammerad_innen zu einem Saufgelage am Küchensee in Ratzeburg, um sich zusammen mit seinen Freunden „Oberkörperfrei“ ablichten zu lassen. „Blöd“ nur, dass sich einige der anwesenden Menschen am See in Anbetracht der mehr als drei Hakenkreuze auf Völkers Körper störten und die Polizei alarmierten. Für eins seiner drei tätowierten Hakenkreuze musste sich Nazi-Völker nun verantworten. Für Völker nichts Neues. Vermutlich auf Anraten seines Anwalts ließ er das Hakenkreuz, welches unterhalb eines „Reichsadlers“ auf seinem Hals dargestellt ist, mit einem Totenkopf übertätowieren, um einer Freiheitsstrafe zu entgehen. Wirkliche Ambitionen mit der extrem rechten Szene zu brechen, zeigt Völker jedoch nicht. Sein Engagement in den letzten Jahren hat sich verändert, was jedoch nicht bedeutet, dass er mit der Szene abgeschlossen hat. Er ist vorsichtiger geworden. Er hat gelernt, dass Neonazi sein, Probleme kriegen heißt. Antifaschistischer Protest ist an Völker die vielen Jahre nicht spurlos vorbei gegangen. Immer wieder wurde das von ihm angemietete „NS-Haus“ in der Langenbrücker Straße 17 und deren Funktion als Neonazitreffpunkt in der Öffentlichkeit thematisiert und durch unzählige antifaschistische Aktionen inhaltlich angriffen.
Heute ist Völker ein stadtbekannter Neonazi, der unter kritischer örtlicher gesellschaftlicher Beobachtung steht. Er besucht keine öffentlichen Veranstaltungen der extremen Rechten, zu viel steht für ihn auf dem Spiel. Er hat Angst, dass was er noch hat, zu verlieren, so zu mindestens seine Schilderungen bei der heutigen Verhandlung. Die gesellschaftliche Isolation, die Völker mindestens teilweise widerfahren ist, scheint jedoch nicht genug zu sein, um den Bruch mit der extremen Rechten zu vollziehen. Nach wie vor gehen organisierte Neonazis bei ihm ein und aus. Bei einer Hausdurchsuchung im Januar 2012 wegen des Verdachts auf Straftaten bezüglich Beleidigung, Morddrohungen und Volksverhetzung wurde im Wohnbereich Völkers eine Hakenkreuzfahne, unerlaubte Waffen sowie Sprühdosen sichergestellt. Die Sprühdosen standen im Verdacht, für an mehrere Häuser gesprühte Morddrohungen gegen den örtlichen Bürgermeister und Menschen, welche sich gegen Neonazis in Ratzeburg engagieren, genutzt worden zu sein. Auf die Frage des Richters ob er „noch weitere Hakenkreuze auf seinem Körper tätowiert hat“, verneinte er die Aussage.
Die Quintessenz steht für antifaschistische Menschen in Ratzeburg und Umland fest: Kein Frieden für Neonazi-Völker. Ein Bruch mit der extrem Rechten kann nur bedeuten, sich ideologisch von der extremen Rechten zu lösen und mit der Szene samt der Kontakte zu brechen.
Nach der Verhandlung stand Völker zusammen mit seinem Anwalt vorm dem Gerichtsgebäude. Er ist gebrochen.
Er hätte weinen wollen, wenn er nicht ein doch so „aufrechter Deutscher“ wäre.