
Keinesfalls akzeptabel!
Unter dem Titel „Straßen „umbenannt“: Staatsschutz ermittelt“ schafft es eine politische Aktion von letzter Woche heute in die „Lübecker Nachrichten“.
Der Staatsschutz ermittelt, doch was war passiert?
In Mölln und Ratzeburg überklebten Aktivist_innen vergangene Woche Straßenschilder mit blauer Klebefolie und platzierten zudem Informationstexte an den Masten.
Wo früher Namen wie Hindenburg, Bismarck, Kaiser Friedrich, Ernst Moritz Arndt oder Ferdinand Sauerbruch prangten, klebten nun die Namen von Betroffenen der rassistischen Brandanschläge in Mölln 1992 und Lübeck 1996. Auch der Lohgerbergang, ein schmaler Weg neben dem Brandhaus in der Möllner Mühlenstraße wurde in Bahide-Arslan-Gang umbenannt. Bahide Arslan starb zusammen mit den zehn- und vierzehnjährigen Mädchen Yeliz Arslan und Ayse Yilmaz in den Flammen. Verübt wurde der Brandanschlag von zwei Neonazis aus der Region, die vorher bereits ein Haus in der Ratzeburger Straße in Brand steckten. Trotz der immer wieder vorgebrachten Forderung, den Gang oder eine andere Straße in der Nähe nach Bahide Arslan zu benennen, spielte die Stadt Mölln das Thema runter und übte sich im Vergessen und Verdrängen.
Um vor dem Hintergrund der anstehenden Gedenktagen im November erneut auf das Thema aufmerksam zu machen, wurde der Lohgerbergang erneut mit blauer Folie überklebt und in Bahide-Arslan-Gang umbenannt.
Doch auch über andere Straßennamen wollten die Aktivist_innen aufklären. Nach dem ehemaligen Reichspräsidenten Hindenburg sind Straßen in Mölln und Ratzeburg benannt. Er war es, der Hitler an die Macht verholfen hatte und somit den Nationalsozialismus politisch legitimierte. Ernst Moritz Arndt hetzte als deutscher Schriftsteller schon weit vor dem Dritten Reich gegen Franzosen und Juden. Seine antisemitischen Schriften erreichten bei den Nationalsozialisten eine solche Beliebtheit, dass die Universität von Greifswald nach ihm benannt worden ist. Ferdinand Sauerbruch machte unter dem NS-Regime Karriere als Arzt und führte u.a. Senfgasversuche an Häftlingen des KZs Natzweiler durch.
Dass Straßen nach Akteuren und Wegbereitern des Nationalsozialismus benannt werden, nach Personen, die die Vorbilder für die rassistischen Brandanschläge in Mölln, Lübeck und anderen Orten waren, während eine sich selbst als „friedlich und kooperativ“ (Jan Wiegels) bezeichnende Stadt nicht um Ausreden verlegen ist, um eine Straße nicht nach einer Betroffenen der rassistischen Gewalt zu benennen, ist die Frechheit, die angeprangert und öffentlich gemacht gehört.
Dass eine Provinz-Postille wie die Lübecker Nachrichten trotz Erhalt einer Pressemitteilung die Aktion nur zur Hälfte versteht, war allerdings zu vermuten.
Staatsschutz ermittelt wegen Klebefolien? Ein Ort mit dieser Geschichte sollte vielleicht etwas sensibler mit sowas umgehen.
Bitter! Solidarität mit der AHL!