Tag der Befreiung 2012
Stellungnahme zu den Vorfällen
Am 08. Mai versammelte sich eine größere Gruppe von Menschen in Lübeck, um eine Spontandemonstration zum „Tag der Befreiung“ abzuhalten. Im Zuge dessen kam es zu erheblicher Repression seitens der Polizei. Nachdem in der lokalen Berichterstattung einseitig und unkritisch ausschließlich der Polizeibericht wiedergegeben wurde, möchten wir im folgenden Beitrag die Geschehnisse richtigstellen.
Die Demonstration
Um 22 Uhr startete der Demonstrationszug mit Transparenten dynamisch und lautstark von der Musik- und Kongresshalle in der Willy-Brand-Allee in Richtung Lübecker Innenstadt. Nach ca. einer halben Stunde bog die Demonstration in die Fußgängerzone ab, wo die Polizei kurzerhand versuchte, diese mit drei Fahrzeugen und einem Zivilfahrzeug zu stoppen. Noch bevor eine verbale Kommunikation zwischen der Polizei und einem/einer möglichen AnmelderIn erfolgen konnte, griffen die offensichtlich überforderten BeamtInnen die DemonstrationsteilnehmerInnen unmittelbar mit Schlagstöcken und Pfefferspray an. Daraufhin eskalierte die Situation und es kam zu körperlichen Auseinandersetzungen. Ein Großteil der DemonstrantInnen schaffte es, sich den unverhältnismäßigen Polizeimaßnahmen zu entziehen. Vor Ort wurden fünf Menschen von der Polizei in Gewahrsam genommen und ins Behördenhochhaus transportiert. Darauf folgte eine Welle an Repression. Überall im Stadtgebiet wurden vermeintliche TeilnehmerInnen der Demonstration aufgrund von Äußerlichkeiten kontrolliert und durchsucht. Zeitgleich wurden weitere 16 Menschen wahllos von der Polizei in Gewahrsam genommen.
Repression
Insgesamt wurden 21 Menschen in Gewahrsam genommen, fünf von ihnen vorläufig inhaftiert. Es wurden erkennungsdienstliche Maßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte die Abgabe von Fingerabdrücken, die Dokumentation persönlicher Gegenstände, das Anfertigen von Lichtbildern sowie die Aufnahme individueller Erkennungsmerkmale (Tattoos, Piercings, Narben,…). Mindestens ein Mensch musste sich vor den BeamtInnen bis auf die Unterwäsche entkleiden und bis zum Ende der Gewahrsamnahme entkleidet in der Zelle verweilen. Hinzu kam, dass einigen Menschen Gegenstände untergejubelt wurden, die sie bei der Festnahme nicht mitgeführt haben, zum Beispiel Halstücher, welche die Polizei als Vermummung auslegten. Ein Gefangener berichtete, dass sein Geld, welches er mit anderen persönlichen Dingen abgeben musste, nach Beendigung der polizeilichen Maßnahme fehlte. Die Polizei versuchte gezielt, von den eingezogenen Handys Informationen abzugreifen und schreckten auch nicht davor zurück, eingehende Anrufe entgegen zu nehmen.
Während der Gewahrsamnahme wurden den inhaftierten Menschen kaum Rechte zugestanden. Das Recht auf Telefonate wurde komplett verweigert, auch der Aufforderung auf Herausgabe von Dienstnummern oder Namen wurde nicht nachgegangen. Die Verpflegung mit Nahrungsmittel und Wasser wurde den Inhaftierten, welche zum Teil sechs Stunden eingesperrt waren, gar nicht oder nur nach wiederholten Nachfragen widerwillig zugestanden.
Nach Festnahme der 21 Menschen suchte die Polizei weiter nach verdächtigen Menschen, auch im Bereich des Vereinsgeländes der Alternativen e.V.(Walli). So positionierte sich ein Zivilfahrzeug direkt vor dem Tor, 20 weitere Polizeifahrzeuge sammelten sich in direkter Nähe zur Walli und überwachten sämtliche Zugängen zum Vereinsgeländes. Die eingesetzte Hundestaffel war eine weitere Provokation der Polizei, die Situation nochmals eskalieren zu lassen. Die anwesenden Walli-BesucherInnen ließen sich jedoch nicht von den gezielten Provokationen anstacheln und machten der Polizei jeglichen Zugang zur Walli unmöglich, indem sie die Eingänge verbarrikadierten. Damit sprachen sie ihre Solidarität mit den in Gewahrsam genommenen Menschen aus.
Fazit
Erst der überzogene, unverhältnismäßige Polizeieinsatz brachte die Situation zum Eskalieren und machte ein würdiges Feiern des 8.Mai unmöglich. Die Repression der Polizei zeigte keine Wirkung. Trotz der polizeilichen Schikanen zeigten die Menschen, welche von den polizeilichen Maßnahmen betroffen waren, Solidarität mit den Inhaftierten und gaben der Polizei nicht die Bilder, die sie sich durch ihre Repression erhofften. Einzelne PassantInnen, welche sich zum Zeitpunkt der polizeilichen Maßnahmen in der Innenstadt befanden, brachten ihren Ärger gegen das rabiate und überzogene Verhalten der Polizei zum Ausdruck und sprachen den Inhaftierten ihre Solidarität aus.
Der diensthabende Einsatzleiter der Polizei, welcher die polizeilichen Maßnahmen in der Innenstadt leitete, glänzte mit Unfähigkeit und Unerfahrenheit. Er hätte sich durch seine Repressionsmaßnahmen an diesem Abend viel Unannehmlichkeiten und Ärger auch für die Zukunft ersparen können. Wir werden auch in Zukunft ungehindert und unbeeinflusst von den Schikanen der Polizei linksradikalen Protest und Inhalt auf die Straße bringen. Wir lassen uns unseren Protest nicht von unverhältnismäßigen polizeilichen Eingriffen einschränken und werden auch in Zukunft das Mittel von Spontandemonstration in Anspruch nehmen, um zu demonstrieren wo und wann wir wollen.
Repression kann nur wirken, wenn man sich davon einschüchtern lässt..
Ganz Lübeck hasst die Polizei – und wir erst recht!